Weidmannsheil Pocahontas

Sonntag, 06:30, Wecker klingelt. Aufstehen, Hund einpacken, los geht’s. Die erste Gondel am Niederhorn muss erwischt werden. Gesagt, getan. Wir kamen mit der 1 Gondel oben an und machten uns auf den Weg zum Gemmenalphorn. Es waren zu dieser Uhrzeit noch wenige Wanderer unterwegs. Uns war aber da schon klar, dass es sich im Verlauf des Vormittages ändern wird. Also nahmen wir die Beine unter die Arme und marschierten zügig – ooh ein schönes Plätzli für ein Foto….ach Bliss sieht da hammer aus mit dem Hintergund…uhh, da könnte man auch noch Fotografieren- los. So zügig wie halt mit einer Nasetiefhündin, einem Filmer und einer vollmotivierten Fotografin möglich. Auf dem Gemmenalphorn machten wir kurz Rast und entledigten uns von zuvielen Kleidern. Unten noch eingepackt wie ein Eskimo, oben T-Shirt und immer noch zu heiss. Frauen :)….

 

Unterwegs konnten wir bereits Steingeissen (Steinböcke) und ihre Jungen in einer grossen Kolonie fotografieren. Pocahontas durfte da noch verborgen bleiben, den die Steingeissen sind alles andere als scheu. So schueneten wir also retour richtung Vorsass. Unterwegs gefühlt 3 Millionen Wanderer begegnet, die allesamt schwitzend und keuchend den Berg raufwanderten.

 

Nach etwas mehr als 10 Kilometer auf dem Tacho haben wir uns entschlossen, Bliss nachhause zu bringen und nochmals in die gleiche Richtung zu fahren. Next Stop, Beatenberg, Justistal. Uns lockte sozusagen die Brunft der Hirsche. Im Herbst, eigentlich 14 Tage früher als wir aufkreuzten, ist die Brunft der Hirsche in dem Gebiet in vollem Gange. Pocahontas sitzte schon etwas auf der Schulter….aus dem Auto ausgestiegen um 17:00, dachte ich zuerst ich fahre wieder nach Hause. Meine Beine fanden diese Aktion nicht mehr so lustig. Hätte nicht hinsitzen dürfen, sie machten bereits Feierabend. Nach 10 Minuten wandern gings aber wieder besser. Mit Kamera und Stativ im Gepäck machten wir uns von der Grönhütte auf in Richtung Rossschattenhütte. Dort sollen sie auf dem Höhepunkt der Brunft bis zur Hütte kommen. Ich wusste aber, dass wir etwas spät waren. Meine Jagd-Skills, gelernt von Päpu, haben mich dazu gebracht bereits vor der Rossschattenhütte links den Hoger ueche zu gehen. Da der Wind Talabwärts & von Oben kam, Entschied ich -ja Disu hat da meist nicht mehr viel zu sagen- dass wir einer Flanke nach hochwandern, und uns in nicht erriechbarer Distanz unterhalb eines Waldes aufhalten. So sollten wir nicht im Wind stehen und sehen können die Hirsche uns auch nicht. Bald schon sahen wir die Hirsche. Hören konnte man sie schon lange. Aber sie waren zu weit weg. Disu entschloss sich, etwas weiter vorzurücken. Zuerst blieb ich, danach trötzelte aber die Pocahontas in mir "wenn der einer sieht und ich bin da unten, dann drehe ich durch". Also doch noch rauf. Stativ & Kamera im anschlag. Und Zäääck, Pocahontas überschlug sich fast. 2 Kühe. Klick, Foto im Kasten. Plötzlich höre ich nur noch ein Disu in Fäckalsprache etwas leise brummeln "Hirsch, scheisse, Geweih, fuck". Boooom, da stand er. Ein  Stier, gross und mit riesen Geweih. Keine 100 Meter weg. Knieschlottern. Stillhalten, abdrücken. Die Pocahontas in mir schrie Weidmannsheil! Ohne zu wissen ob die Fotos was werden, drückte ich ununterbrochen ab. Darfst dich ja nicht bewegen, also kann ich es nicht kontrollieren. Als der Stier mit seinen Kühen davonzog, musste ich zuerst mal wieder Atmen. Ich und Disu schauten schön blöd aus der Wäsche. Sofort Fotos kontrollieren. Heilige Scheisse - da war die Fäkalsprache gerade egal- es hat geklappt. 1,3,6...ein 12 Ender, der Platzhirsch war ein 12 Ender. Geschätzt 150 Kilo. Ein Uwältstier. Voller Adrenalin machten wir uns also auf den Heimweg. Zusätzliche 8 Kilometer auf dem Tacho. Aber die besten dieser Saison. Mein Jahresziel, ein Hirsch zu fotografieren, check. Grauenhafter Muskelkater ein Tag danach, check. Päpu stolz, check.

 

Hat sich gelohnt. Pocahontas kommt wieder.